Schöner wohnen im Hostel – Alter egal.

Als ich das erste Mal im Hostel übernachtet habe war ich 58 Jahre alt. Ich feierte mein Comeback mit dem Backpack, war gerade in Montevideo angekommen und hatte auf meinen Streifzügen durch die Altstadt ein wunderschönes Hostel gesehen, das von einer Kooperative betrieben wurde: das Posada al Sur. Nun stand ich also mit meinem Rucksack vor dem Eingang und zögerte einen Moment. Drei Jugendliche kamen heraus, riefen mir ein fröhliches „Hi“ zu und liefen zur Bushaltestelle. Ok, dachte ich, die fanden das jetzt offenbar nicht merkwürdig, dass so ein älteres Semester in ein Hostel kommt. Beherzt ging ich also die Treppe hinauf.

Auf der Dachterrasse im Hostel Posada al Sur, Montevideo

Auf der Dachterrasse im Hostel Posada al Sur, Montevideo

 

Hi, ich bin die Neue

Am Empfang stand ein Grüppchen und diskutierte die Pläne für heute. Ein Strand solle es sein. „Kommst du mit?“ wurde ich gefragt „oder brauchst du noch ein bisschen?“. Ich, total baff. So schnell ist man also drin in der Reisecommunity. „Oh, nett, dass ihr fragt, aber ich komm erst mal richtig an,“ entgegnete ich und setzte meinen Rucksack ab. Ich war froh, dass noch ein Einzelzimmer frei war, denn Schlafsaal kommt für mich echt nicht mehr in Frage. Ich bezog also mein Zimmer, frühstückte mit den Spätaufstehern und fühlte mich schnell wie zu Hause. Von da an war ich ein großer Fan von Hostels.

Heute kocht der Gastvater selbst…Hostal Je nous, San Ignacio, Uruguay

Auch in den anderen Hostels Uruguays und 2 Jahre später in Mexico galt:

es ist total egal wie alt du bist. Wichtig ist nur wie du drauf bist.

Wenn du meinst, die Mami raushängen lassen und Ermahnungen austeilen zu müssen…tja, dann Pech gehabt. Durchgefallen. Nörgeln, besser wissen und „Ruhe“ brüllen kommt nicht so gut an. Ich habe manchmal ganz bewusst meinen Teller rum stehen lassen damit bloß nicht der Eindruck entsteht, ich sei so eine Mami.

 Rossco Backpackers Hostel, San Cristobal

Andererseits fand ich es auch süß wenn ich manchmal um Rat gefragt wurde oder wenn die jungen Leute am Lagerfeuer mit offenem Mund den Erzählungen von meiner Rucksackreise 1980 lauschten. Das fanden die echt spannend.

Wenn es laut ist im Hostel

Manchmal ist es laut. Es gibt Hardcore-Hostels wo rund um die Uhr gefeiert wird. Wenn die letzten ins Bett taumeln kommen die ersten morgens um 5 mit dem Nachtbus aus weiß-der-kuckuck-woher an und freuen sich lautstark, dass sie nun endlich chillen können. Wenn ich ein paar Nächte nicht schlafe, bekomme ich extrem schlechte Laune. Auch Bier zum Frühstück geht gar nicht für mich. Da hilft nur noch eines: umziehen. Habe ich aber nur einmal erlebt, dass ich flüchten musste.

Junge Leute im Hostel Mexico

Wie damals: erzählen und singen am Lagerfeuer im Rossco Backpackers, San Cristobal

Eigentlich alles wie damals in den 70ern: erzählen und singen am Lagerfeuer im Rossco Backpackers, San Cristobal

Hostels auch für Ü50

In San Cristobal, Mexico lernte ich Lisa kennen. Lisa war aus Washington, wenige Jahre jünger als ich und reiste ebenfalls allein durch Mexico. In ihrem Hostel kam eines Abends eine Gruppe Männer an, die mir der Harley Davidson unterwegs waren und sich auch ansonsten als ziemlich toughe Jungs mit Ganzkörpertätowierung und markigen Sprüchen entpuppten. Sie hatten Gitarren und jede Menge Bier dabei, saßen nächtelang im Patio wo sie ihren schrägen Stimmen freien Lauf ließen. Lisa war herzlich eingeladen mitzusingen, ist nach der zweiten schlaflosen Nacht dann aber auch umgezogen.

Hostel in San Cristobal

Lisa (im Hintergrund) mag den Hostel-Esprit. Hier im Hostel Pochón in Oaxaca.

 

Lisa aus Washington im Hostel

Lisa aus Washington steht auch auf Hostels…aber manchmal flüchtet sie in ein Hotel.

Lisa aus Washington steht auch auf Hostels…aber manchmal flüchtet sie in ein Hotel.

Die Hostelküche – ein Mikrokosmos

In fast allen Hostels gibt es eine große Gemeinschaftsküche. Vor allem auf langen Reisen bin ich es schnell leid, immer im Restaurant zu essen. Dann ist es einfach toll, auf dem Markt einkaufen zu gehen und selbst kochen zu können. Es bringt so ein „Zuhause-Gefühl“. Zudem ist man selten allein in der Küche und so viele Male bilden sich spontan Multi-Kulti Kochgruppen! Erstaunlicherweise sind die meisten Küchen stets in aufgeräumten und sauberen Zustand. Oft wacht eine Mitarbeiterin darüber, dass kein Küchen-Chaos ausbricht. Aber auch die Gäste selbst räumen nach dem Kochen auf und machen sauber. Hostelgäste nehmen offenbar viel mehr Rücksicht aufeinander als es Hotelgäste tun.

Im Hostel bist du nie allein

Im Hostel bist du nie allein

 

"Deine Mama ist nicht an deiner Seite. Bitte spül dein Geschirr und deine Gläser ab!"

„Deine Mama ist nicht an deiner Seite. Bitte spül dein Geschirr und deine Gläser ab!“

 

In den Küchen, auf den Dachterrassen und in den Gärten der Hostels lässt sich prima entspannen, diskutieren und Spaß haben. Und zwar ganz unabhängig von Alter, Religion und Nationalität. Die Reisecomunitiy auf Zeit ist tolerant und offen. Hier wird Völkerverständigung wirklich gelebt. Ich finde, das eröffnet neue Perspektiven und weitet den Horizont. Wenn mehr Menschen diese Begegnungen erlebten, gäbe es vielleicht mehr Frieden auf der Welt.

Was ich sonst noch so erlebt habe in den Hostels in Comeback mit Backpack: Eine Zeitreise durch Südamerika„>

von oben links nach unten rechts: Hostal Je Nous, San Ignacio, Uruguay (oben) – Hostal Cuija, Mexico City, Hostal Gundi y Tomas, Puerto Angel, Mexico und Sol y Mar, Tulum, Mexico

4 Gedanken zu „Schöner wohnen im Hostel – Alter egal.

  1. tanzpauline

    Hab Dank für deinen tollen Artikel, der mir noch viel mehr Lust auf meine Weltreise für ein Jahr ab Februar 2018 macht (da werde ich dann auch 50 Jahre jung sein …). Bisher eher der Hoteltyp auf meinen Reisen werden es dann doch eher die Hostels werden. Schon allein wegen des „Allein aber nicht einsam“-Gefühls.
    Ich freu mich total auf dein Buch.
    Liebe Grüße Yvonne
    http://yvonnes-reiseblog.de/

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    1. akapacha Autor

      Hallo Yvonne,
      hab vielen Dank für deinen Kommentar. Ich habe ihn gerade erst entdeckt. Als angehender Silvernerd hab ich noch einiges zu lernen (-; Ja, probier das mal mit den Hostels, das ist eine feine Sache! Wow, eine Weltreise, da wünsche ich ganz viel Spaß! Liebe Grüße, Gitti

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