Ich hatte schon im Flugzeug Mühe gehabt, meine Schuhe wieder anzuziehen. Die Füße waren stark geschwollen, kein Wunder nach der langen Sitzerei. Auch im Bus wurde es nicht besser. Ich hatte die Schuhe ausgezogen, weil die Schwellung langsam auf die Beine überging. Als wir nach etwa acht Stunden Puno erreichten, sahen meine Beine aus wie zwei Fleischklöße. Fußgelenk und Knie waren nicht mehr zu erkennen, alles nur noch ein einziger aufgedunsener Klops. Ich drückte mit dem Finger in diese Masse, von der ich nicht glauben konnte, dass es tatsächlich meine ansonsten eher zu dünnen Beinchen waren. An der Stelle blieb eine Grube zurück, die sich erst ganz langsam wieder zurückbildete. Es fing an, unheimlich zu werden. (Auszug aus Comeback mit Backpack: Wie mich eine Kräuterfee in Puno rettete)
Damals war ich Anfang 20 und dachte, Thrombosen seien nur etwas für Omis. Falsch! Viele glauben auch, das Thromboserisiko bestehe nur bei Langstreckenflügen. Auch Falsch! Ein Thromboserisiko nimmt grundsätzlich zu, wenn man lange in der Sitzhaltung verweilt und das Blut sich in den Beinen staut. Der Grund: Die Venen haben Mühe, das Blut zum Herzen zurück zu pumpen. Es fließt langsamer, staut sich, und die roten Blutplättchen (Thrombozyten) können verklumpen. Umso mehr, wenn wenig getrunken wird. Und das ist besonders bei nächtlichen Reisen der Fall.
Wie hoch ist das Thromboserisiko in Bussen, Autos und Züge?
Wer schläft, trinkt nicht. Und schon kann sich so eine Thrombose in aller Ruhe entfalten. Bemerkbar macht sie sich meist durch starke ziehende Schmerzen und angeschwollene Beine. Das Tückische daran: Wenn das Blutgerinnsel sich löst, kann es in der Lunge eine Embolie verursachen. Dann ist die Reise erst mal vorbei.
Nun gibt es ja Stützstrümpfe. In meinen Ohren klingt das nach Betonpfeiler, Rollator und Altenheim. Zum Glück läßt sich das Risiko für Thrombosen auch ohne Stützstrümpfe klein halten.
Auch in Zügen oder Bussen: wer lange sitzt und sich nicht bewegt riskiert eine Thrombose
Bewegung im Sitzen
Für mich ist die beste Prophylaxe Bewegung, und zwar auch im Sitzen. Dafür gibt es einfache und wirkungsvolle Übungen. Eine ist aufstehen und zum Klo gehen. Aber das kann man ja nicht acht Stunden lang machen. Abhilfe schaffen da isometrische Übungen. Die kann man sogar im Sitzen durchführen und sind äußerst wirkungsvoll.

Am besten bewegen. Das kann man auch im Sitzen
Übungen zur Thromboseprohylaxe auf Reisen
Setz dich sich aufrecht hin, die Beine und Füße parallel zur Hüfte. Spanne die Muskeln der Beine an, zähle langsam bis zehn, und löse die Spannung wieder. Warte zehn Sekunden und wiederhole die Übung drei Mal, während eines langen Fluges möglichst jede Stunde. Auch mit den Füßen wippen, also von den Zehen auf die Ferse und wieder auf die Zehen, regt den gesunden Blutfluss an.
Isometrische Übungen kräftigen und machen schön
Eine isometrische Übung für den Beckenboden kräftigt zudem die Blase. Dafür spannst Du den Beckenboden an. Ja, wo ist er eigentlich, der Beckenboden? Und wie spannt man ihn an? Ganz einfach: Tu so, als müsstest Du dringend auf die Toilette und würdest es anhalten – zehn Sekunden lang. Auch diese Übung drei Mal wiederholen. Übrigens: Selbst Männer haben einen Beckenboden und dürfen gerne mitmachen.

Auch in engen Sitzen kann man sich bewegen. Gewußt wie!
Wenn Dich das lange Sitzen schlapp und müde macht, Dein Blutdruck in den Keller geht, versuch es mal mit Zwerchfelltraining. Zieh hierfür den Bauch nach innen, zehn Sekunden halten und wieder lösen. Das regt die Milz und den Blutfluss an. Falls dir unterwegs langweilig ist, kannst Du auch noch etwas für Brust und Bizeps tun, indem Du die Hände vor der Brust falten und dann kräftig gegeneinanderdrückst. Die Unterarme sind dabei waagerecht und bilden eine Linie. Das geht sogar auf dem Mittelsitz an Bord eines Flugzeugs. Bis zehn zählen, lösen. Macht schöne Arme und eine schöne Brust. Kann auch im Alter nicht schaden. Doch am wichtigsten sind die isometrischen Übungen mit den Beinen, damit sich keine Thrombosen bilden können.

Wasser schützt vor Thrombose
Viel Wasser trinken ist wichtig
Neben Bewegung ist Flüssigkeit Trumpf. Während eines Fluges wird dem Körper viel Wasser entzogen, zum einen durch den Luftdruck, der in etwa einem Aufenthalt auf 4000 Meter Höhe in den Bergen entspricht, zum anderen durch die Klimaanlage. Experten raten, pro Flugstunde einen Liter Wasser zu trinken, um eine Dehydrierung zu vermeiden. Das erinnert mich ein wenig an die Empfehlung, täglich fünf Hände voll Obst und Gemüse zu essen. Ich weiß nicht, was die Experten sich dabei denken, wenn sie solche Ratschläge aussprechen. Denn mal ehrlich: Auf einem Langstreckenflug von zehn Stunden Dauer hieße das: zehn Liter Wasser. Viel Spaß mit dem Bordpersonal!
Die eigene Literflasche auf Langstreckenflügen
Ich bringe meist meine eigene Plastikflasche, die ich leer durch die Sicherheitskontrollen gebracht habe und bitte die Stewardess sie aufzufüllen. Dann muß ich nicht ständig nach einem Becher Wasser fragen. Regelmässige Yogaübungen helfen übrigens auch das Blut im Fluss zu halten.

regelmässiges Yoga ist ebenfalls eine gute Thromboseprophylaxe
Wenn Du nachts reist, egal ob in der Luft oder am Boden, bist Du wahrscheinlich weniger motiviert, solche Übungen zu machen und hartnäckig nach Wasser zu fragen. Müdigkeit und Schlaf führen zu mangelnder Bewegungen, und das regelmäßige Trinken kommt zu kurz. Also Ü-Fünfziger: besser tagsüber reisen und vorsorgen. Aber wie gesagt: Thrombosen sind kein Privileg der Alten, es kann auch Junge treffen, so wie mich damals auf meiner Reise von Luxemburg über Lima nach Puno am Titicacasee. Da war ich 24 Jahre alt. Zum Glück hat mich eine Kräuterhexe in Puno geheilt. Mehr über dieses und andere Abenteuer findest du im neuen Buch.