Flitterwoche mit dem Selbst: Yoga Finca Son Mola Vell

Es ist ein Samstag im Dezember als ich auf der Finca Son Mola Vell im Südosten von Mallorca ankomme. Ich stehe auf der Terrasse und schaue ins Tal. Am Horizont eine feine Linie, die ein kobaltblaues Band vom Blau des Himmels trennt: eine Ahnung von Meer. Ich ziehe meinen Pulli aus und kann kaum glauben, dass es Mitte Dezember ist. Eben noch im graukaltdunklen Nass von Köln und wenige Stunden später ertrinke ich in Licht. Ein Duft von Rosmarin, Pinien, feuchter Erde und würzigem Holz liegt in der Luft, Schafsglöckchen bimmeln in der Ferne, ein Hund bellt. Ich atme tief ein, recke und strecke meine Arme Richtung Himmel, wie ein Baum seine Äste, fühle mich angekommen, auf der Insel, bei mir, zu Hause.

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Yogalehrerin Kerstin auf der Plattform

Die Finca Son Mola Vell übersetzt „das älteste Haus am Platz“ ist etwas ganz Besonderes. 300 Jahre alt sind die Gemäuer, liebevoll restauriert. Haupt- und Nebengebäude liegen in einem mediterranen Garten mit lauschigen Sitz-und Liegeecken, die zum Rückzug einladen.

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Yoga Finca Son Mola Vell

Zwei Gäste sitzen unter einem alten Olivenbaum und unterhalten sich, ein Esel hört mit gespitzen Ohren zu. Daneben eine große Yogaplattform mit Blick in das Tal. Weiter oben befindet sich der Pool und die Shala, eine wunderschöne, helle Yogahalle mit Fußbodenheizung und zwei großen Fensterfronten. Hier, mit Blick auf Tal und Meer, werden wir jeden Morgen und jeden Abend 1,5 Stunden Yoga machen und meditieren.

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2 mal täglich Yoga. Tut einfach gut

Ruhig und gemütlich: die Winterzeit auf Mallorca

Die Vorweihnachtswoche ist eine ruhige Zeit und so sind wir eine kleine Gruppe von 6 Frauen zwischen 29 und 63 Jahren. Fast alle sind berufstätig, einige haben Kinder, sind alleinerziehend. Die Anstrengung des Alltags steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Sie alle haben den Wunsch etwas für sich zu tun, zur Ruhe zu kommen, die Balance zu finden zwischen eigenen Bedürfnissen und Verpflichtungen, zwischen den Rollen, die es gilt zu erfüllen und der Sehnsucht nach sich selbst, nach Einkehr ohne Wenn und Aber. So unterschiedlich wir auch sind, schnell stellt sich ein Gefühl von Familie ein als wir abends am knisternden Kamin auf der Couch sitzen und voneinander erzählen. Eine Katze ist mir auf den Schoß gesprungen und reibt schnurrend ihren Kopf gegen meine Hand. Gemütlich ist es.

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Das gemütliche Kaminzimmer. Photo: Paul Stajan

Zwei Türen weiter, die Küche: das Reich von José, ein Meister der vegetarischen Küche.

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José ist Küchenchef

José aus Andalusien hat viele Jahre für Osho’s Place in Köln gekocht. Hier auf Mallorca kommen bei ihm nur regionale Lebensmittel in Topf oder Pfanne.

Regional? Ich bin neugierig. Dachte ich doch, auf den Inseln werde das Meiste per Schiff eingeführt. Landwirtschaft ist auf den Balearen gewiß kein lukratives Geschäft. Viele Bauern haben ihre Grundstücke an Immobilienmakler verkauft.

Vegetarisch und regional: geht das auf Mallorca?

Vegetarisch und möglichst ökologische Küche anzubieten gehört zum Konzept der Finca. Deshalb pflegt José engen Kontakt mit einigen Bauern der Region. Miguel ist einer von ihnen. Er weiß, dass er mit dem Verkauf seiner Grundstücke reich werden würde. Trotzdem pflanzt er weiter Gemüse an. Er liebt was er tut und ist stolz, der jüngste Bauer auf Mallorca zu sein.

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Miguel ist stolz, der jüngste Bauer Mallorcas zu sein

Er nimmt uns mit aufs Feld. Um diese Jahreszeit wächst noch Spinat, Petersilie,  Sellerie, Mangold, Lauch, Zwiebeln und Kräuter. Seine Orangenbäume sind prall gefüllt, noch 2 Wochen und die süssen Früchte können geerntet werden.

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Miguel führt uns durch den Orangenhain. Photo: Paul Stajan

Miguel schaut sich zufrieden um. Nur die Pfirsischbäume bereiten ihm Sorge. „An ihnen erkennst du den Klimawandel“, sagt er. Sie hätten längst ihre Blätter verlieren müssen, sind schon 2 Monate überfällig. Wenn sie weiterhin Kraft in den Aufbau von Trieben verschwenden wird der Baum nächstes Jahr keine Früchte tragen. José hat unterdessen Mangold, Petersilie und Koriander geerntet. Das kommt heute abend auf unsere Teller.

Die Pioniere der Yoga-Reisen

Zurück in der Finca lerne ich Katharina kennen. Katharina hat die ersten 5 Jahre ihres Lebens in einem Ashram in Südindien verbracht. Sie ist die Tochter von Markus Hegemann, dem Gründer von Neue Wege Reisen. Katarinas Eltern haben ihre Liebe zu Yoga und Meditationen in einer Zeit entdeckt, als es noch Insidern vorbehalten war.

In den späten 70er Jahren reisten sie nach Indien und verbrachten u.a. eine intensive Zeit in Auroville, eine internationale Gemeinschaft, die sich aus dem Sri Aurobindo Ashram in Pondicherry entwickelt hatte. Dort ist Katharina zum Teil aufgewachsen, zusammen mit anderen Kindern aus verschiedenen Ländern und Kulturen. „Es waren viele Gemeinschaftserlebnisse, Zeremonien und Yoga. Kinder durften da mit rein wachsen“ erzählt sie. Das habe sie geprägt. Als blondes Mädchen in südindischen Dörfern habe sie es nicht immer leicht gehabt, dennoch haben die Erfahrungen in Indien sie langfristig mit den Themen Yoga und Meditation verbunden.

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Katharina Hegemann freut sich über den berechtigten Yoga-Hype

30 Jahre Neue Wege

Die Eltern liessen sich damals als Yogalehrer ausbilden. Zurück in Deutschland wollten sie das, was sie in Indien gelernt hatten an den schönsten Orten Europas anderen Menschen vermitteln. Sie gründeten Neue Wege Reisen. Während der ersten 5 Jahre begleiteten sie ihre Reisen selbst als Yogalehrer. Damals war Yoga noch weitgehend unbekannt und Yoga-Reisen ein Exot auf dem Markt. Niemand ahnte, dass ihr Konzept so erfolgreich sein würde. Waren es zu Beginn 30 Reisen im Jahr bietet Neue Wege inzwischen über 7000 Reisen an mit einem Gesamtumsatz von 14 Mio Euro. Dieses Jahr feiert Neue Wege 30jähriges Jubiläum. Katharina kümmert sich um Marketing und Innovation des Unternehmens.

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Alles grün auf Mallorca

Die Umgebung der Finca

Ich bin nun schon seit 4 Tagen auf der Finca und habe sie nur kurz verlassen, um einen Spaziergang durch den Wald und Felder zu machen, vorbei ein Schafherden und immer das Bimmeln der Glöckchen im Ohr.  An so einem schönen Ort braucht man nichts weiter. Aber dann mache ich doch einen Ausflug mit dem Mietwagen in die nahe Umgebung. Und wieder freue ich mich in der Wintersaison hier zu sein. Nie ist das Mieten eines Autos so preiswert wie in dieser Zeit. Das nächste Dorf Son Macía ist klein aber charmant, die Strände von Cala Murada und Calles de Mallorca sind in ein paar Minuten zu erreichen. Besonders gut gefällt mir das Städtchen Santanyi mit seinem Gemüsemarkt und den liebevoll restaurierten alten Häusern.

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Gemüsemarkt in Santaniy

Es schläft seinen Winterschlaf und erwacht nur wenn  Markttag ist. Auch Porto Colom mit seinen bunten Häusern am Wasser ist ausgesprochen ruhig im Winter. Ich bummele am Hafen entlang und laufe auf dem neu ausgebauten Weg entlang der Bucht bis zum Leuchtturm. Ich kann nur sagen: #betterinwinter.

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Porto Colom

Zurück auf der Finca fühlt es sich an, als käme ich nach Hause. Ich weiß nicht, ob es am Zauber des Ortes liegt, an den freundlichen Mitarbeitern oder daran, dass mir der Duft von Josés Köstlichkeiten für das Abendessen entgegen kommen. Die Atmosphäre ist wirklich besonders. Jedes Detail, jedes Dekor sagt: hier hat jemand viel Herzblut hinein gesteckt.

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LIebevoll restauriert: Finca Son Mola Vell

Eine Yoga-Finca in Südeuropa: ein Herzenswunsch

Tatsächlich hatte Markus Hegemann, der Gründer von Neue Wege immer davon geträumt, seine Gäste nicht nur an die schönen Orte anderer zu vermitteln sondern eben auch einen ganz eigenen Ort zu haben, wo seine Vision vollständig und fraglos umgesetzt werden kann. Eine Yogafinca sollte es sein, aber nicht irgendeine. Es sollte ein Ort im Süden Europas sein, an dem die Menschen sich erden und neue Energie tanken können und zwar das ganze Jahr über. So fand er schliesslich die 300 Jahre alte Yoga-Finca auf Mallorca Son Mola Vell,  das damals ein Boutique-Hotel war.

Nachhaltig und ökologisch

Kühlschränke und Fernseher wurden damals aus den Gästezimmern verbannt, denn zum Konzept gehört, dass die Finca so nachhaltig und ökologisch wie möglich betrieben wird und überflüssige Ablenkung unterbleibt. Weil es auf den Zimmern kein W-Lan gibt ist die digitale Zeit begrenzt. Detox auch hier.

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Das Jetzt geniessen mit allen Sinnen. Photo: Paul Stajan

Ölheizung und Stromversorgung wurden auf Solarenergie umgestellt, das Duschwasser in einer Zisterne gesammelt, um den Garten zu bewässern. Osmosefilter sorgen für erstklassiges Trinkwasser damit die Gäste keine Plastikflaschen kaufen.  Auch das Bio-Shampoo und Duschgel in den Bädern wird nachgefüllt, um Abfall zu vermeiden.

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Solarenergie und Fußbodenheizungen. Alte Finca mit moderner Technik

Am letzten Abend wage ich ein Experiment. Britt Muller ist holistische Energietherapeutin und ich habe einen Termin bei ihr. Ich muss gestehen, meine Skepsis war zunächst groß. Ich denke an Geisterheilung, Exorzismus und Scharlatane, die sich mitunter in der esoterischen Szene tummeln. Aber nachdem alle anderen Gäste im Laufe der Woche bei ihr waren und danach mit einem seltsamen Leuchten auf dem Gesicht zum Abendessen kamen bin ich nun doch neugierig geworden. Zudem war die Sauerländerin viele Jahre als Vizepräsidentin der Zertifizierungs-Behörde für Öko-Landbau auf Mallorca tätig. Das lässt eine gewisse Bodenständigkeit vermuten und so begebe ich mich eine Stunde lang  vertrauensvoll in ihre Hände, oder besser unter ihre Hände, denn meistens schweben sie über meinem Körper und ich spüre nur die Wärme. Doch ab und zu werden bestimmte Körperregionen richtig heiß obwohl ihre Hände offenkundig an anderer Stelle unterwegs sind. Mein emotionaler Zustand wechselt zwischen Wellen von Traurigkeit, Schmerz und kölschem Frohsinn bis hin zu völliger Entspannung und friedvollem Glücksempfinden. Im Nu ist die Sitzung vorbei und Britt teilt mir mit, welche Botschaften sie über meinen Körper empfangen hat und welche Schlüsse ich daraus ziehen kann. Das ist natürlich sehr privat, es sei nur soviel gesagt: zum Abendessen erscheine ich mit einem seltsamen Leuchten in den Augen.

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vegetarische Küche… auch wenn es aussieht wie Fleisch Photo Paul Stajan

Es ist der letzte Abend auf der Finca. Sechs Frauen haben sich eine Woche lang nur um sich selbst gekümmert und das hat ihnen offensichtlich gut getan. Die Anspannung ist aus Mimik und Stimmen verschwunden, strahlende Augen, ein breites Lächeln und weiche, gelöste Gesichtszüge stattdessen. Wir prosten uns zu, sicher, wiederzukommen und dann sagt eine der Teilnehmerinnen diesen Satz: „ich fühle mich nach dieser Woche  wirklich wie ein anderer Mensch“.

Der Aufenthalt wurde unterstützt von Neue Wege Reisen. Alle Beiträge spiegeln uneingeschränkt das Erleben und die Meinung der Autorin wieder

Hier findest du mehr Infos zur Finca

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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